Misslungene Integration / Geglückte Integration – Meine Erfahrungen mit Integration und den Medien in meinem Land
Von Teodora Kostadinova
Ich hatte das Glück, in einer toleranten, multi-ethnischen Kultur aufzuwachsen. Daher sind mir jegliche Ablehnung oder Diskriminierung von Minderheiten zuwider. Leider sind die Leute in meinem Land Bulgarien noch immer ethnozentrisch. Minderheiten werden oft als Leute zweiter Klasse angesehen: Diebe, Betrüger oder Callgirls, die es auf ehrlichem Weg nie schaffen werden. Sie sind wahrscheinlich so krank oder schmutzig, dass man besser aufsteht und weggeht, wenn sie sich neben einen setzen. Das ist generell die Ansicht der Allgemeinheit.
In meiner Arbeit als Journalistin fühle ich mich manchmal hilflos und schäme mich für meine Mitbürger. Wenn ich zum Beispiel einen Artikel veröffentliche, in dem Türken oder Roma auch nur vorkommen, werden sie im Endeffekt zum Hauptthema der Diskussion. Unzählige erniedrigende Kommentare und die schlimmsten Hasstiraden tauchen unter dem Text auf. Diese Kommentare zu löschen wäre Zensur, also bleibt mir nichts anderes übrig, als sie als Nachweis für Intoleranz stehen zu lassen.
Meiner Meinung nach kommt das daher, dass, je mehr eine Nation unter Minderwertigkeitskomplexen leidet, sie desto eher zu Feindseligkeiten gegen „den Anderen“ neigt. Wir verlangen, dass wir in der EU gleichberechtigt behandelt werden, betrachten die Türken oder Roma selbst aber nicht als ebenbürtig.
Zu einer der größten Minderheiten Bulgariens zählen die Türken. Seit ein paar Jahren gibt es um 17 Uhr im Bulgarischen Nationalfernsehern eine Nachrichtensendung auf Türkisch. Die Allgemeinheit missbilligt sie, und es gibt sogar eine Facebook-Gruppe gegen die türkischen News. Leute beziehen sich häufig auf sie als Beispiel unserer „Absorption“ durch Minderheiten.
Aber wer ist daran Schuld, dass 60 Prozent der Bulgarien zwischen 18 und 30 Jahren emigrieren? Auf keinen Fall die Türken. Und wenn sie sich ein anderes Land zum Leben aussuchen, werden sie sich sicher immer bulgarische Nachrichten im Internet ansehen, und es würde ihnen gefallen, wenn es beispielsweise auf CNN eine bulgarische Nachrichtenausgabe gäbe.
Teodora Kostadinova ist 23 Jahre alt und lebt in Burgas am Schwarzen Meer. Sie hat gerade an der Universität Sofia ihren Bachelor in European Studies/Media gemacht
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