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Misslungene Integration / geglückte Integration – Meine Erfahrungen mit Integration und den Medien in meinem Land

Von Anna Petroulaki

In den letzten 20 Jahren hat Griechenland eine Vielzahl von Immigranten aus seinen Nachbarländern aufgenommen, von denen viele illegal eingereist sind, vor allem aus Albanien. Die geographische Lage, die lange Küstenlinie sowie die vielen Inseln machen das Land zu einer Schnittstelle zwischen verschiedenen Kontinenten und Nationen, die schwer zu kontrollieren ist. Das macht die Einreise für Migranten leichter. In der Tat ist die zunehmende und unkontrollierbare Einschleusung von Migranten und die Schwierigkeit, sie aufgrund fehlender Papiere zu identifizieren, zu einem großen Problem für Griechenland geworden, über das zur Zeit diskutiert wird, um mögliche Lösungen zu finden.

Wenn sie sich erst einmal im Land niedergelassen haben, werden die Immigranten mit vielen weiteren Problemen konfrontiert, da Griechenland nicht wirklich darauf vorbereitet ist, sie zu empfangen und zu versorgen. Neben praktischen Dingen, wie die Sprache zu lernen, eine Wohnung oder Arbeit zu finden, müssen sie zudem die bürokratischen Hürden der Legalisierung überwinden. Selbst legale Immigranten, die alle nötigen Dokumente bei sich haben, werden zu Opfern der Bürokratie, da Anträge für eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung oft viel Zeit in Anspruch nehmen und nicht immer genehmigt werden. Und selbst wenn sie es geschafft haben, in unserem Land zu bleiben und zu arbeiten, ist es schwierig für sie, die gleichen Chancen in den Bereichen Arbeit, Gesundheit und im politischen und sozialen Leben geboten zu bekommen.

Vielen Immigranten mangelt selbst der Zugang zu den einfachsten Diensten wie Ausbildung und Kinderbetreuung, ganz zu schweigen von Grundrechten wie dem Wahlrecht. Das Ergebnis ist, dass der Begriff der „Immigrantenintegration“ in Griechenland nicht wirklich existiert. Neben der Unfähigkeit des Landes, diese Bevölkerungsschicht aufzufangen, werden Einwanderer auch mit der negativen Einstellung der Gesellschaft konfrontiert, eine Tatsache, auf die die Medien großen Einfluss haben. Die Griechen haben in der Vergangenheit selbst die Qual der Migration miterlebt. Gerade aus diesem Grund sollte es uns möglich sein, Menschen zu verstehen, die in unser Land kommen, um ein besseres Leben zu finden und ihnen helfen, sich an ihre Umgebung anzupassen und zu gleichberechtigten Mitgliedern der Gesellschaft zu werden.

Eigentlich sind Griechen sehr sensibel und durchaus gewillt, Menschen in Not zu helfen, wie zum Beispiel den ersten Flüchtlingen des Jugoslawienkrieges zu Beginn der 1990er Jahre. Wir haben unsere Menschlichkeit auch in fast jeder anderen schwierigen Situation unter Beweis gestellt, aber leider ist das nicht bei allen Immigranten der Fall. Nach einem übermäßigen Anstieg der Immigranten schlug ihnen eine ungerechtfertigte Welle der Ausländerfeindlichkeit und des Rassismus entgegen. Die Medien präsentierten sie als Eindringlinge und Gefahr für unsere Wirtschaft, die Zusammensetzung unserer Gesellschaft und sogar für die Sicherheit unseres Lebens. Einwanderer wurden als gefährlich, bösartig, schmutzig, krankheitstragend und arbeitsstehlend hingestellt, und es wurde ihnen nachgesagt, dass sie die tiefe Absicht hegen, unser Land zu erobern. Die gleichen Anschuldigungen, die griechische Auswanderer selbst vor Jahren zu hören bekamen. Im Gegensatz dazu scheinen sie wichtig für unsere Wirtschaft zu sein, und keine dieser Bezichtigungen wurde je bewiesen.

Doch leider benutzen die griechischen Medien gerade jetzt Stereotypen und produzieren ein übersteigertes Bild der Realität. Opfer dieser Darstellungen sind meist die Albaner, die in Griechenland die Mehrheit der Immigranten ausmachen, sowie die Bulgaren und die Pakistani. Speziell die Bezeichnung „Albaner“ hat in Griechenland eine negative Konnotation, und viele Einwanderer schämen sich, ihre Herkunft preiszugeben. Es ist wirklich ironisch, dass die Medien einen Immigranten nur dann als „griechisch“ bezeichnen, wenn er etwas für das Land getan hat, wie zum Beispiel durch Erfolge bei den Olympischen Spielen. Zudem haben die griechischen Medien die Tendenz, selbst triviale Straftaten hochzuspielen und zu mutmaßen, dass jedes Mal ein Einwanderer dahinter steckt. Immer, wenn ein neuer Vorfall bekannt wird, ist die erste Beschreibung der Beteiligten die ihrer Nationalität. Wenn es ein Grieche ist, wird die Person mit seinem Alter, zum Beispiel „ein junger Mann“ oder mit einem Eigenschaftswort, wie zum Beispiel „der arme Mann“, charakterisiert. Handelt es sich aber um einen Immigranten, wird derjenige anhand seiner Nationalität beschrieben, zum Beispiel „der Albaner“.

Ein weiteres Beispiel für Rassismus ist die vor ein paar Jahren in einem griechischen Dorf getroffene, paradoxe Entscheidung, die es Immigranten verbat, nachts auf die Straße zu gehen. Diese Maßnahme wurde getroffen, um mögliches kriminelles Verhalten zu unterbinden. Später hat sich herausgestellt, dass die Anwohner keinen Grund zur Angst hatten, da der einzige Vorfall, in den ein Albaner verwickelt war, ein Käse-Diebstahl war. Es war letztendlich das Fernsehen, das den Glauben vermittelte, dass Immigranten gefährlich sind, Kinder missbrauchen oder jemanden töten könnten. Ganz im Gegenteil wurden jedoch eher Immigranten Opfer grausamen Verhaltens, wie im Internet veröffentlichte Handyvideos zeigen, die die Brutalität von Polizisten gegenüber Immigranten zeigen.

Darüber hinaus ist die Lieblingsdebatte der Fernsehnachrichten jedes Jahr wieder, ob ein Schüler mit Migrationshintergrund die griechische Flagge während der Feierlichkeiten für nationale Feiertage hissen darf oder nicht. Während dieser Diskussionen werden viele rassistische Stimmen laut, ganz zu schweigen von den Kommentaren, die sich diese Kinder jeden Tag von ihren Klassenkammeranden anhören müssen.

Anna Petroulaki, 24, kommt aus Thessaloniki, Griechenland. Sie arbeitet als freie Journalistin und Fotografin sowie für die philanthropische Stiftung „Thermaids“ in Thessaloniki.

 
 
 
 
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