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Noch nicht gelungene Integration. Meine Erfahrungen mit Integration und der Lokalpresse.

Von Benjamin Bergemann

Luckenwalde – Kreisstadt des Landkreises Teltow-Fläming in Brandenburg, gut 21.000 Einwohner. Oder auf Beamtendeutsch: „Ein Regionaler Wachstumskern, verbunden mit der räumlichen und sektoralen Fokussierung von Landesmitteln zur Stärkung der Wachstumskräfte“.

Das ansässige Lokalblatt fungiert als Spiegel für Luckenwalde, seine Einwohner und damit auch für die Integrationssituation der Stadt. Schlägt man die Zeitung auf, schaut also in diesen Spiegel, betrachtet man das Bild einer märkischen Provinz – Artikel über Lokalereignisse, Lokalpolitik, Lokalsport und Lokalpersönlichkeiten. So wie man sich eine Lokalzeitung vorstellt – lokal eben. Die „Spiegelfunktion“ ist dem Blatt per Definition gegeben. Doch erkennt sie darüber hinaus die Lage der Migranten in Luckenwalde?

Zunächst einmal muss man lobend feststellen: Die Integrationssituation der Migranten bekommt ihren Platz in der Zeitung. Nur der Spiegel wird der Lokalredaktion in Sachen Integration dann doch zum Verhängnis.

Dies resultiert daraus, dass die Gruppe der Luckenwalder Migranten nahezu zweigeteilt ist. Vergleichsweise viel Beachtung in der Lokalpresse kommt den Migranten des Luckenwalder Asylbewerberheims zu. So erfahren sie eine regelmäßige Berichterstattung über ihre toleranzfördernden Projekte, wie Theaterstücke oder Fußballturniere. Diese Projekte sind auf jeden Fall zu begrüßen, doch wie schon der Chef der Lokalredaktion in seinem Kommentar feststellt, ist es bedauerlich, dass diese überhaupt nötig sind. Zumal Toleranz und Integration zwei unterschiedliche Dinge sind. Von letzterer sind die Bewohner des Asylbewerberheims weit entfernt.

Gemessen an den vier Integrationsstufen der Soziologie scheitern sie schon an der ersten Stufe, der strukturellen Integration: „Die Migranten und ihre Kinder werden als Mitglieder der Aufnahmegesellschaft anerkannt, erhalten Zugang zu gesellschaftlichen Positionen und erreichen gleichberechtigte Chancen in der Gesellschaft. Voraussetzung hierfür ist der Erwerb von sprachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse über soziale Regeln des Zuwanderungslandes.“ Hiervon kann in Luckenwalde nicht die Rede sein, was aber ein Problem im deutschen Zuwanderungsrecht und kein hausgemachtes Luckenwalder Problem ist.

Wie auch ein Artikel zum 18-jährigen Bestehen des Übergangswohnheims kritisch analysiert, macht vor allem das Warten auf eine Arbeitserlaubnis, welche man erst nach vier Jahren Aufenthalt im Heim erhält, eine Integration unmöglich. Die deutsche Gesellschaft definiert sich nun einmal zum Teil klassenähnlich über das Verhältnis zum Besitz oder eben Nicht-Besitz von Arbeit. Ebenso, wenn nicht sogar drastischer, verhält es sich mit der Sprachbarriere, welche für die Asylanten unüberwindbar scheint. Auch dies wird in dem Artikel zum 18. Jahrestag angeprangert. Die Kritik an der Rolle der Stadt Luckenwalde in der Asylbewerberfrage könnte noch fundierter und vor allem deutlicher ausfallen, doch sie ist vorhanden und motiviert vielleicht den einen oder anderen Leser, sich Gedanken zum Thema zu machen. Der Zeitung kommt also in Sachen Integration eine enorme Bedeutung zu. Sie fungiert als erste Begegnungsebene zwischen den Asylbewerbern und den anderen Bewohnern der Stadt Luckenwalde. Es findet zwar keine Begegnung im physischen Sinne statt, doch es besteht für die Leser überhaupt erst einmal die Chance, mehr über die unbekannten Wesen, welche nur selten im Stadtbild auftauchen, zu erfahren.

Die zweite Luckenwalder Migrantengruppe hat zwar die strukturelle Integration gemeistert, scheitert allerdings an der kulturellen Integration. Die Mitglieder dieser Gruppe, meist osteuropäische Spätaussiedler, leben schon jahrelang in Luckenwalde, beherrschen die deutsche Sprache, und ihre Erwerbslosenquote unterscheidet sich nicht von der eines Durchschnitts-Luckenwalders. Doch trotzdem bleiben sie im gesellschaftlichen Leben der Stadt unsichtbar.

Luckenwaldes Macher, das heißt Stadtverordnete, Unternehmer, Vereinsvorsitzende oder auch engagierte Jugendliche, sind, von wenigen Imbissbetreibern abgesehen, Menschen ohne Migrationshintergrund. Diese Leute füllen die Blätter der Lokalzeitung, welche nicht über ihre „Spiegelfunktion“ der Bürgergesellschaft hinauskommt und die zweite Migrantengruppe nicht repräsentiert.

Es ist zugegebenermaßen schwierig im Alltagsgeschehen des Lokaljournalismus, dieses Problem der „unsichtbaren Migranten“ zu erkennen und aufzugreifen, doch es ist denkbar, wenn man schon im Zusammenhang mit der Lage der Asylbewerber fehlende Multikulturalität im Luckenwalder Stadtbild diagnostiziert hat. Zu einer multikulturellen Gesellschaft gehören alle Menschen mit einem Migrationshintergrund und natürlich auch alle Menschen ohne einen solchen. Die Schuld an fehlender Partizipation am Stadtleben ist auf beiden Seiten zu suchen. Die zweite Migrantengruppe, welche die Hürden Arbeit und Sprache genommen hat, muss den Mut zur weiteren Integration besitzen. Ebenso müssen sich die Institutionen des Luckenwalder Lebens dann auch den Mutigen öffnen – schwer in einer Stadt, in der in diesen gesellschaftlichen Kreisen noch jeder jeden kennt.

Die Notwendigkeit zur weiteren Integration, sei es die der Asylbewerber, sei es die der anderen Menschen mit Migrationshintergrund, muss erkannt werden. Es muss vorgedacht werden. Die Bewohner der Stadt müssen für dieses Problem sensibilisiert werden. Das Sprachrohr dafür muss die Lokalzeitung sein.

Benjamin Bergemann ist 19 Jahre alt und hat sein Abitur erfolgreich bestanden. Letzten Sommer machte er ein Praktikum in der Lokalredaktion Luckenwalde der Märkischen Allgemeinen Zeitung.

 
 
 
 
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