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Panel III:
Licht und Schatten der Justiz: Legislative, die Gerichtsbarkeit und die Auswirkungen für die Medien

Das letzte Panel diskutierte die Auswirkungen von Gesetzen auf die Freiheit der Berichterstattung. Panelteilnehmer waren Grzegorz Jankowski, Chefredakteur der polnischen Tageszeitung „Fakt“, Roger Köppel, Chefredakteur der Schweizer Wochenzeitung „Weltwoche“, Morgan Olofsson, Geschäftsführer Herausgeber und Nachrichtenchefredakteur des schwedischen Fernsehsenders SVT, der deutsche Medienanwalt Matthias Prinz, zu dessen Mandanten u.a. Claudia Schiffer und Caroline von Monaco gehören, Dan Turturica, Chefredakteur der rumänischen Tageszeitung „Romania Libera“ und John Witherow, Chefredakteur und Herausgeber der britischen Sonntagszeitung „The Sunday Times“. Moderiert wurde das Panel vom Chefredakteur des Deutschlandfunks, Stephan Detjen.

In seiner einleitenden Keynote stellte John Witherow die Frage, wie das Recht auf Pressefreiheit gegen die Bedürfnisse der nationalen Sicherheit oder das Recht des Einzelnen auf seine Privatsphäre abzuwägen sei: ”Muss man als Sport- oder Showstar sein Recht auf Privatleben (oder Teile davon) aufgeben, weil das der Preis für Berühmtheit und Reichtum ist? Wenn man die Öffentlichkeit sucht, untergräbt man damit sein Recht auf Wahrung der Privatsphäre?” Es gäbe in Großbritannien mittlerweile eine ganze Reihe von Gesetzen und Vorschriften, durch die sich die Medien gehemmt fühlen. ”Wir müssen die Frage stellen, ob dies zu einer besser informierten Öffentlichkeit führt oder zu einer Situation, in der nur einige Auserwählte darüber tratschen, was wirklich passiert und die Öffentlichkeit im Dunkeln bleibt”, so Witherow.

In der anschließenden Diskussion wurde gleich zu Beginn auf den aktuellen Fall Thilo Sarrazin eingegangen. Roger Köppel sagte, dass dieses Beispiel gezeigt habe, wie demokratische Gesellschaften die Meinungsfreiheit eines Einzelnen beschränken können. Der Fakt, dass eine Regierung einen einzelnen wegen seiner Ansichten angreift, sollte Journalisten alarmieren. Sie sollten Politiker dazu aufrufen, sich zurückzuhalten und ihm lieber zuhören, was er zu sagen habe.

Die Frage, ob Sarrazin ein Opfer von der Beschränkung von Meinungsfreiheit sei, beantwortet Matthias Prinz mit einem klaren Ja. „Er hat seinen Job verloren, seine Reputation und seine Parteimitgliedschaft, obwohl vieles, das er denkt und sagt, wahr ist. Das ist ein ganz klarer Übergriff auf das Recht auf Meinungsfreiheit und unakzeptabel.“

Grzegorz Jankowski vertrat die Ansicht, dass Sarrazin als Repräsentant der Deutschen Bundesbank eine andere Verantwortung trage und darauf achten müsse, was er sagt. Auch Politiker könnten nicht immer sagen was sie denken.

Köppel erwiderte, dass es in der Schweiz viele Amateure in der Politik gäbe, die angehalten sind, die Wahrheit zu sagen. „Es ist wichtig, dass Vertreter des Volkes ihre Finger in sensible Themen legen.“ Und: „Als Journalisten sollten wir Verfechter der Meinungsfreiheit sein, auch wenn wir nicht mit einer bestimmten Meinung übereinstimmen. Die Demokratie lebt von unterschiedlichen Standpunkten.“

Morgan Olofsson erzählte von einem ähnlichen Beispiel in Schweden. Vor einer Wahl vertrat eine Ministerin eine ähnliche Meinung wie Sarrazin, vielleicht nicht so zugespitzt formuliert, aber niemand habe sie wegen ihrer Aussage kritisiert, sondern es entfachte eine Debatte über ihre Aussage. In Deutschland kreise die Debatte eher darum, ob es Sarrazin erlaubt war, seine Meinung zu sagen und nicht darüber, was er gesagt hat. „Meinungsfreiheit ist das Recht anderer, einer Meinung zu widersprechen, und das ist ein wichtiger Bestandteil der Demokratie“, so Olofsson.

Dan Turturica erzählte, dass man sich in Rumänien als Journalist in einem fast gesetzlosen Rahmen bewege, solange es nicht Magnaten oder Politiker betreffe. Jede Person, egal ob prominent oder nicht, könne in den intimsten Momenten durch Veröffentlichungen in den Medien bloßgestellt werden. Sobald man allerdings in die Nähe eines Staatsvertreter oder einflussreichen Geschäftsmann käme, würden sie einen Weg finden, dieses Verhalten zu ahnden. Dabei könne es durchaus vorkommen, dass Kollegen beauftragt werden, eine Rufmordkampagne gegen einen unliebsamen Journalisten zu starten. Der Schutz journalistischer Quellen sei ebenfalls sehr schwer geworden und es würde immer schwieriger werden, Quellen für Recherchen zu finden.

Im zweiten Teil der Podiumsdiskussion ging Matthias Prinz auf Witherows Ansprache ein, indem er erklärte, dass der Schutz von Persönlichkeitsrechten nur als legislatives Gesamtpaket kommt und dieses Paket sowohl den Schutz vor Regierungen, Strafverfolgungsbehörden und Arbeitgebern, als auch der Presse beinhalte. Prinz hatte 2004 vor dem Europäischen Gerichtshof mit dem Caroline-Urteil für Caroline Prinzessin von Hannover (damals Caroline von Monaco) einen spektakulären Erfolg erreicht, der weitreichende Folgen für die gesamte europäische Boulevardpresse hatte. “Jemand muss unparteiisch darüber entscheiden, ob Persönlichkeitsrechte wichtiger sind als Pressefreiheit, selbst wenn man mit dem Urteil im Endeffekt nicht zufrieden ist“, so Prinz. „Wenn man heutzutage den Schutz von Persönlichkeitsrechten betrachtet, muss man auch den Schutz vor Regierungen, Strafverfolgungsbehörden, Arbeitgeber und weltweite Datensammlung berücksichtigen. Und das beinhaltet auch den Schutz von Persönlichkeitsrechten vor der Presse.“ Witherow erwiderte, er sei dagegen, dass immer nur einzelne Richter darüber bestimmten, was privat sei und was nicht. “In Großbritannien entscheidet oft nur ein einziger Richter, dessen subjektive Meinung aber vielleicht nicht mit der Meinung der restlichen Gesellschaft übereinstimmt.“

Für Olofsson ist die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechten „ein großes Spiel der Ausgewogenheit zwischen Freiheit und Disziplin.“ Eines könne nicht ohne das andere existieren. Das Internet habe diese Balance jedoch komplett verändert. In Schweden gäbe es eine ganze Reihe neuer Gesetze, die Verstöße im Internet, im Email-Verkehr und auf Mobiltelefonen ahnden. „Aber während sie das tun“, so Olofsson, „verletzen sie wiederum Meinungsfreiheit und Pressefreiheit.“

In der Diskussion wurde deutlich, dass es stark davon abhängt, wie man den Informationsauftrag der Presse interpretiert. Grzegorz Jankowski vertrat den Standpunkt, dass Berichte über Privatangelegenheiten von Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, wichtig seien, da viele Menschen sie als Vorbild und Helden verehren. Roger Köppel schlug vor, dass Journalisten aggressiver gegen Gesetze vorgehen sollten, die den Schutz der nationalen Sicherheit als Grund für die Einschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit betreffen und auf der anderen Seite versuchen, sich in Privatangeleigenheiten einzumischen.

 
   
 
  Eröffnung und Panel I

Panel II

Panel III