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In Working Session I wurden Medienfragen im Kontext der politischen Ereignisse in Georgien sowie der regionalen Allianzen, die um Unterstützung und Einfluss im Kaukasus und in Zentralasien kämpfen, behandelt. Folgende Punkte wurden u. a. angesprochen:

  • GEORGISCHER KONFLIKT VERURSACHT MEDIENKONFLIKT: Zwischen den Bildern und schriftlichen Berichten, die in Russland zu sehen sind, und denen im Westen bestehe eine so große Lücke, dass sie sich auf Ereignisse auf zwei völlig verschiedenen Planeten beziehen könnten. Zwischen den russischen und westlichen Medien gebe es kaum eine gemeinsame Sprache; noch weniger zwischen den russischen Darstellungen und der georgischen Version. Das beziehe sich sowohl auf die lange Geschichte, die dem Konflikt zugrunde liegt, als auch auf die aktuellen Ereignisse. Im Krieg werde die Unabhängigkeit der Medien zur Nebensache. Wahrheit und Vertrauen in die Medien seien als Opfer des Konflikts anzusehen.
  • NACHRICHTENSTEUERUNG DURCH DEN KREML: Dies sei ein langfristiges Problem und nicht auf die Berichterstattung über die Ereignisse in Georgien beschränkt. Die russische Führung nutze die Medien, um Russlands Großmachtanspruch zu untermauern. Wenn russische Journalisten mit dem Kreml auf Linie bleiben, welchen Raum gebe es dann für westliche Medien, zur Einführung allgemeiner Standards für eine freie Berichterstattung beizutragen?
  • DER DEMÜTIGUNGSFAKTOR: Russische Eliten würden bewusst ein Gefühl der Demütigung durch den Umgang des Westens mit Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und durch das, was als Vordringen des Westens in Russlands Nachbarländer interpretiert wird, pflegen. Die ausländischen Medien sollten bei der Berichterstattung über Russland psychologische Kriterien berücksichtigen. Einige Teilnehmer aus der EU erkannten an, dass ein Teil der Berichterstattung über russische Angelegenheiten das Gefühl der Demütigung in Russland verstärke. Allzu oft diene dort noch immer der Kalte Krieg als Bezugspunkt.
  • ZENTRALASIATISCHE REPUBLIKEN: Journalismus in der Region sei ein ‚trauriges Kapitel‘. Strategische Interessen der USA in diesen Ländern hätten dazu geführt, dass die Amerikaner das Fehlen von Demokratie und freien Medien ignorieren. Selbst wenn die Medien keiner Zensur unterlägen, würden sie auf Nummer Sicher gehen und kontroverse Themen meiden. Aber diese Situation sei nicht statisch. Die westlichen Medien sollten den Dialog mit ihren Kollegen in dieser Region suchen und pflegen.

In Working Session II wurde untersucht, ob das Modell der Rede- und Meinungsfreiheit, das für die westlichen Medien charakteristisch ist, universell gilt und den Journalismus in Eurasien formen könnte. In der Sitzung wurden u. a. folgende Punkte genannt:
  • VOREINGENOMMENHEIT DER WESTLICHEN MEDIEN: Russische Teilnehmer argumentierten, dass die negative Berichterstattung ausländischer Medien über russische Angelegenheiten die positive aufwiege und eine Voreingenommenheit gegenüber Russland widerspiegele, die das Vertrauen untergräbt. Der Kreml nutze seine Medien dazu, die Wahrnehmung zu verstärken, dass die westliche Welt gegen Russland eingestellt sei. Einige westliche Teilnehmer räumten eine Schuld ein und sagten, dass die Medien im Westen noch immer dazu neigen würden, das heutige Russland nach den Kriterien des Kalten Krieges zu beurteilen. Ein Journalist sprach von einer Verschlechterung der westlichen Medienstandards; andere machten auf die mangelnden Kenntnisse über Russland und seine Geschichte aufmerksam, die die westliche Berichterstattung zu einem großen Teil präge. Redner warnten vor der Wahrnehmung der westlichen Medien als einheitliches Ganzes: allein schon die Tatsache, dass sie frei seien, bedeute auch eine große Vielfalt. Gleichzeitig müsse anerkannt werden, dass die westlichen Medien die Welt allgemein durch das Prisma ihres eigenen kulturellen Hintergrunds betrachten würden – und dies zu einer Berichterstattung der Art führen könne, die die Russen als voreingenommen ansehen.
  • VORRANG DER REDEFREIHEIT: Ein freier und unabhängiger Journalismus baue eher auf einem relativen als einem absoluten Wertesystem auf. Westliche Medien neigten zu einem Herdeninstinkt und dazu, sich an die gleiche Story zu „hängen“. Ihre Leser ließen sich nicht gern verwirren. Dennoch sei eine freie Presse, wie vielfältig und unvollkommen sie auch sein möge, immer noch einer kontrollierten Presse vorzuziehen. Die Russen mögen den westlichen Medien nicht vertrauen. Noch weniger vertrauten sie jedoch ihren eigenen staatlich kontrollierten Medien.
  • FÖRDERUNG VON DEMOKRATIE UND EINSATZ VON PR-AGENTUREN: Radio Free Europe arbeite weiter als US-finanziertes Mittel zur Förderung von Demokratie und westlichen Werten. Russland, Georgien und die meisten eurasischen Länder würden PR-Firmen zur Förderung ihrer Interessen im Westen einsetzen. Ob diese Praktiken Anlass zu Sorge geben oder nicht, sie dürften sich kaum stoppen lassen. ‚Einer Autokratie zu sagen, dass sie keine PR-Agenturen einsetzen soll, wäre, als wollte man demokratischen Regierungen die Zusammenarbeit mit PR-Beratern untersagen.‘

Working Session III konzentrierte sich auf die Medien des Ostens und ihre Stellung in Eurasien. In der Sitzung kamen u. a. folgende Punkte zur Sprache:
  • ZENTRALASIEN: Bisher sei unabhängigen Medien nicht gestattet worden, sich in Zentralasien zu etablieren. Zensur sei in den zentralasiatischen Republiken weit verbreitet, und die Hauptmedien gehörten der Regierung. Selbst wo es keine Direktzensur gebe, würden die Journalisten zur Selbstkontrolle greifen oder andernfalls ihre Verhaftung riskieren. Zudem bestünden finanzielle Barrieren für einen unabhängigen Journalismus, da die Regierungen keine Werbung in nicht genehmigten Publikationen gestatten würden.
  • UKRAINE: Die Medien seien freier geworden, würden jedoch dazu neigen, die rivalisierenden Lager – prorussisch und prowestlich – widerzuspiegeln.
  • GEORGIEN habe beim Ausbruch des Konflikts mit Russland eine Sperre für russische Fernsehsender und Internetdomains verhängt.
  • RUSSLAND hätte unabhängige Journalisten, aber nur wenige unabhängige Medien. Die Ermordung von Anna Politkowskaja veranschauliche, wie gefährlich investigativer Journalismus in Russland sei. Russische Journalisten zählten zu den am wenigsten geachteten Mitgliedern der russischen Gesellschaft.
  • DIE ROLLE DER WESTLICHEN MEDIEN bestehe darin, unabhängige Journalisten in Russland, dem Kaukasus und den zentralasiatischen Republiken zu unterstützen. Das erfordere jedoch viel mehr Wissen über die Umstände und das Umfeld, in dem sich ihre östlichen Kollegen wiederfinden. Westliche Journalisten sollten immer daran denken, dass es mehr als einhundert Jahre gedauert hat, freie Medien zu etablieren. Auf Länder, die sich im Übergang zur Demokratie befinden, könnten die westlichen Standards nicht in ihrer Gesamtheit Anwendung finden.
Die Plenary Session führte zu einem erhitzten Meinungsaustausch zwischen russischen, georgischen und westlichen Journalisten über ihren jeweiligen Umgang mit den Ereignissen in Georgien. Die Medien der Welt bedienten sich ähnlicher Technologien. Das eine sie jedoch nicht notwendigerweise auch in der Ausübung ihres Handwerks. Die Medien könnten die Widerspiegelung nationaler Unterschiede, nationaler Vorurteile nicht vermeiden. Aber die Presse im Westen, die das Glück hat, frei zu sein, habe definitiv auch die größere Verantwortung, hohe Standards aufrechtzuerhalten, ihre Worte mit Sorgfalt zu wählen und bei ihrer Auslandsberichterstattung zu gewährleisten, dass sie über umfassende Kenntnisse zu den Ländern und Problemen, über die sie berichtet, verfügt.