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Sehr geehrter Lord Weidenfeld,
Sehr geehrter Oberbürgermeister Jann Jakobs,
Sehr geehrter Lord Owen,
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie in Potsdam zur diesjährigen Verleihung des M100 Medien Preises im Rahmen des Sanssouci Colloquiums.
Potsdam ist der geeignete Ort für diese internationale Medienkonferenz. Potsdam steht für Weltoffenheit und Toleranz. Diese Atmosphäre des Miteinanders, des Austauschs, sicherlich aber auch des Widerstreits ist genau der Rahmen, den eine Konferenz wie die heutige braucht. Zumal hier Medienvertreter aus eben jenen Ländern miteinander ins Gespräch kommen, die sich im Augenblick als Konfliktparteien in der Kaukasusregion gegenüber stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
in den vergangenen Wochen haben vor allem drei Ereignisse die weltweiten Nachrichten bestimmt: die Olympischen Spiele in Peking, keine Frage, der Präsidentschaftswahlkampf in den USA, aber vor allem auch der Krieg im Kaukasus. Sieg und Niederlage bei den Olympischen Spielen; Tod, Zerstörung und Verzweiflung im Kaukasus; Kandidaten- und Wahlkampfreden in den Vereinigten Staaten. Wir alle haben Bilder gesehen und Berichte aufgenommen, die – nüchtern gesprochen – Reaktionen hervorrufen, wie sie unterschiedlicher kaum sein können. Alle drei Ereignisse zeigen aber auch eins: Welchen Einfluss Länder wie China, die USA und Russland in der Welt heute und in Zukunft ausüben werden, das wird uns auch in der Mitte Europas alles andere als unberührt lassen.

Angesichts vieler Fragen und auch Ungewissheiten, die durch zum Teil widersprüchliche Berichte entstanden sind, wurde uns auch vor allem eins bestätigt: Es sind und bleiben die Medien bei den meisten von uns, nämlich bei den vielen, die nicht direkt vor Ort sind, die das Bild von der Welt formen. Dieses Bild gerät ins Wanken, es wird verzerrt, wenn die Nachrichtenlage widersprüchlich ist, wenn wir Informationen erhalten, die nicht eindeutig sind, wenn Ungewissheit und Zweifel die Nachrichtenlage bestimmen. Dann entstehen mehr Fragen als Antworten.
So fragen wir uns auch angesichts der Bilder, die wir in den vergangenen Tagen und Wochen gesehen haben, welche Wahrheit wohl wirklich unter der Oberfläche liegen mag. Wir erleben eine Propagandaschlacht, auch im Hinblick darauf, wer der eigentlich Schuldige, der Schuldige im gegenwärtigen Kaukasus-Konflikt ist. Ob sich das eindeutig ausmachen lässt, das ist – wie nicht selten – bei kriegerischen Auseinandersetzungen eine schwer zu beantwortende Frage. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Gesprächsfäden nicht abreißen, dass Türen nicht völlig zugeschlagen werden. Die Europäische Union hat das am vergangenen Montag auf ihrem Sondergipfel in Brüssel zu Recht unterstrichen und genau nach dieser Maxime geantwortet.
Was also können wir tun, damit die öffentliche Meinungsbildung nicht zum Spielball gegensätzlicher Interessen wird? Beeindruckend waren in diesem Zusammenhang die Äußerungen junger Journalisten, die wir sozusagen als Vorhut zur heutigen Veranstaltung in der vergangenen Woche hier in Potsdam zum M100 Jugend-Medien-Workshop begrüßen konnten. Es ging darum, während dieses Workshops, dass die Berichterstattung die Zustände im eigenen Land oft beschönigt und dass sie nicht selten von offizieller Seite beeinflusst wird. Wahre Hintergründe, so war während dieses Workshops zu hören, werden oft verschleiert.
Meine Damen und Herren hier in Potsdam, es ist zumindest den hier Geborenen keine fremde Erscheinung. Ich komme aus dieser Stadt und habe selber erlebt – in einer Diktatur groß geworden – wie es ist, wenn Meinungsfreiheit unterdrückt wird. Den Machthabern des SED-Regimes in der früheren DDR diente ein idealisiertes Bild des eigenen Staates, aber auch der Bruderländer wie der Sowjetunion natürlich der Selbstvergewisserung, aber es diente auch dem Erhalt der eigenen Macht. So wurde von der damaligen Sowjetunion das Bild eines von großer Völkerfreundschaft getragenen Staatenbundes transportiert. Erst durch Reisen in diese Länder und den dadurch möglichen direkten Kontakt zu Menschen konnte man etwas über die wahren Verhältnisse, Tatsachen und Gefühle erfahren. Mit dem Auseinanderfallen der Sowjetunion und dem Ende des Warschauer Pakts mussten wir mitansehen, wie schnell dieses idealisierte Bild zerbrach. Was wir im Augenblick in der Kaukasus-Region erleben ist, dass die Frage von Macht und Einflussbereichen neu gestellt wird. Ich bin mir sicher, dass wir die Antwort darauf keinesfalls gegeneinander, sondern nur in einem zivilisierten Dialog miteinander finden werden.
Meine Damen und Herren, liebe Gäste, ich glaube, auch westliche Medien sind nicht davor gefeit, instrumentalisiert zu werden. Aber genau deshalb tragen Sie alle eine ganz besondere Verantwortung. Das kann man vielleicht so zusammenfassen: Dem eigenen Handwerk immer treu bleiben, sich auf dessen Kern besinnen. Wir brauchen in dieser zunehmend komplexeren und schnelleren Welt eine sachliche, eine kritische Berichterstattung, die sich immer und immer wieder an den Fakten orientiert, mit soliden Hintergrundrecherchen und die so zur vernünftigen Meinungsbildung beiträgt. Das führt natürlich auch zu der Frage, welchen Zwängen der Journalismus heute unterworfen ist. Wie kann man Unabhängigkeit und damit letztlich ja Qualität der Berichterstattung sichern? Welchen Spielraum haben Journalisten und Meinungsmacher als die vierte Gewalt im Staat zur Kontrolle politischer Entscheidungen?
Die Rolle der Medien im Kaukasus-Konflikt, die Art der Berichterstattung, die Frage faktentreu zu berichten oder nicht und die Instrumentalisierung von Nachrichten, all dies ist von ganz zentraler Bedeutung dafür, wie unser Bild von der Wirklichkeit aussieht und demnach auch, wie wir dann in Zukunft uns verhalten und wie wir handeln werden. Daraus ergibt sich für mich vor allem eins: Wir müssen, so wie wir es jetzt, hier und heute getan haben, die Chance des Dialogs, sei sie noch so gering, nutzen. Das heutige Kolloquium hat, glaube ich, diese Chance wahrgenommen, denn hier haben die unmittelbar Betroffenen Gelegenheit genommen, zu Wort zu kommen. Es konnten Dinge hinterfragt werden, Stimmen aus der Region kommen zu Wort und unterschiedliche Darstellungen und Sichtweisen können ausgetauscht werden. So kommen wir zumindest dem Bild der Wirklichkeit, das diesen Namen dann auch verdient, ein gehöriges Stück näher. Deshalb bin ich mir sicher, dass auch in diesem Jahr wichtige Impulse von dem heutigen Treffen für die Medienlandschaft ausgehen werden.
Ich freue mich sehr, dass wir als Hauptredner für den heutigen Abend eine Persönlichkeit gewinnen konnten, dessen Ausführungen wir in diesem Zusammenhang sicher alle mit Spannung erwarten. Es ist mir eine ganz besondere Ehre Sie, sehr geehrter Lord Owen, hier in Potsdam begrüßen zu können.
Wir erwarten ebenso mit Spannung die Verleihung des diesjährigen M100-Preises. Mit Ingrid Bétancourt ehren wir eine unbeugsame Kämpferin für die Demokratie. Mit ihrem entschlossenen Ringen um Meinungsfreiheit hat sie unser aller Respekt und Anerkennung auf ihrer Seite. Sie steht für die ganz besondere Kultur der Verantwortung im Umgang mit Macht und im Umgang mit Freiheit. Wir freuen uns, dass sie den Preis angenommen hat und heute über eine Videobotschaft zu uns spricht.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen allen, dass Sie hierher nach Potsdam in die brandenburgische Landeshauptstadt gekommen sind. Ich hoffe natürlich sehr, dass Sie Anregungen für Ihre Arbeit mit nach Hause nehmen. Vielen Dank.

 

   
   
 
  by Ingrid Betancourt
  by Jann Jakobs
  by Lord Owen
  by Matthias Platzeck
  by Lord Weidenfeld